ViezStories


Interview mit dem Zapotex Trier

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Viez in der Studikneipe



Um das Thema Viez umfangreich beleuchten zu können, ist ein Blick in die regionale Gastronomie unumgänglich. Dazu treffen wir uns in der Trierer Innenstadt mit Bernd Krier und Uwe Jeismann in der Kneipe Zapotex. Als Inhaber und Personalleiter des Lokals warten beide schon drinnen und öffnen uns nach kurzem Klirren der Schlüssel die Tür. Heute hat die Lokalität geschlossen: Alle Barhocker sind hochgestellt und es ist ruhig – ganz im Gegensatz zum Rest der Woche. Außerhalb von Corona herrscht abends eine Menge Betrieb, ein Großteil der Gäste bilden dabei Student*innen der Universität und Hochschule Trier. Der eigene Flair des Zapos, der vor allem Jüngere anlockt, kommt aber nicht von ungefähr. Tatsächlich waren die zehn Gründungsmitglieder, eines von ihnen Bernd Krier selbst, bei der Umsetzung ihrer Kneipen-Idee noch selbst am studieren. Somit ist das Zapotex sozusagen eine Kneipe von Studis, für Studis.
Dennoch ist dort natürlich jede Person ab 18 Jahren – es besteht Rauchmöglichkeit im Lokal – willkommen, um sich am vielfältigen Getränkeangebot zu erfreuen. Neben einer großen Auswahl an möglichst regionalen Bieren, Weinen und sämtlichen Spirituosen hat auch der Viez seinen Platz im Sortiment gefunden. In den ersten Jahren nach der Gründung des Zapotex 1982 wurde er noch aus Flaschen ausgeschenkt, bis die Nachfrage bald größer wurde und man auf Fass und Zapfhahn umstieg.

Bernd Krier und Uwe Jeismann der Kneipe Zapotex.
Copyright by Kneipe Zapotex

Trotzdem ist der Viez heute nicht das Hauptprodukt des Lokals. Das liegt vor allem daran, dass viele Studierende, die die Grundkundschaft des Zapos bilden, nicht aus der Region Trier kommen. Das Getränk ist für viele Gäste also etwas eher ungewöhnliches, an das sich entweder nicht so recht herangetraut wird oder, so Bernd Krier, eine gewisse „Eingewöhnungszeit“ benötigt. Mit der Ankunft neuer Studierender zu Semesterbeginn kommen gelegentlich Gäste zu Personalleiter Uwe Jeismann an die Theke und bitten ihn darum, den Erstsemestern einmal eine Porz puren Viez auszuschenken. „Dann kommt das große Aha-Erlebnis, weil man das Produkt nicht kennt und so eingeführt wird in die Welt des sauren Apfelweins,“ lacht er.
Diese erst nötige Gewöhnung an den säurebetonten Geschmack schlägt sich auch in den Trinkweisen nieder: Im Zapotex wird Viez vor allem als Mischgetränk verkauft. Die üblichen Varianten stellen dabei Viez mit Sprudel, Limo oder Cola dar, aber auch exotischere Mischungen mit verschiedenen Säften wie Maracuja oder Cranberry sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Obwohl der Viez bis heute geschmacklich eine starke Wandlung hin zum milderen gemacht hat, ist der Anteil derer, die Viez im Zapo pur trinken, verschwindend gering.

Die Kneipe Zapotex.
Copyright by Kneipe Zapotex

Gemischt oder nicht – serviert wird der Viez am Ende in einer Porz, einem Henkelkrug aus weißem Porzellan. Die klassische Porz wurde in der Region vom kürzlich verstorbenen Kunstkeramiker Walter Plein hergestellt; nun haben viele Gastronom*innen Schwierigkeiten, Gefäße zum Aufstocken ihrer Vorräte zu finden. Auch im Zapotex geht dieser mit gut zehn Stück allmählich zuneige, weswegen das Personal beim Servieren des Öfteren auf Glaskrüge umschwenken muss. Für Bernd Krier ist das jedoch keine optimale Lösung. „Das gehört für mein Empfinden zusammen: Viez und Porz.“ Durch die entstandene Situation haben die Porzen zudem für viele Menschen in der Region einen großen Sammlerwert – so groß, dass da gerne mal eine als Souvenir mitgenommen wird, und zwar ungefragt. Das tut dann natürlich besonders Gastronom*innen weh, denn: Wenn eine Porz weg ist, ist sie weg.

Obwohl Viez im Zapotex nicht das Getränk ist, das am meisten bestellt wird, haben sich Bernd Krier und Uwe Jeismann dennoch diese Frage gestellt: Wie wäre es, wenn Viez plötzlich gar nicht mehr angeboten würde? Die beiden machen sich bei dieser Überlegung zwar keine Sorgen um ihre Kundschaft, dafür allerdings um die Natur in der Region. Gibt es keinen Viez, so fallen auch die Streuobstwiesen weg, und damit würde ein bedeutender Teil der regionalen Landschaft mit seiner Vielfalt an Obstbäumen wegfallen. „Das verändert natürlich die Landschaft. Da muss ich mir überlegen: Will ich das oder will ich das nicht,“ sagt Bernd Krier. Anderen Gastronomiebetrieben könnte eine solche Entwicklung allerdings durchaus schaden, sollten sie Viez einen größeren Stellenwert in ihrem Sortiment eingeräumt haben.
Schlussendlich zeigt sich, dass Viez, wenngleich er vielleicht nicht jedermanns Geschmack trifft, in der Großregion nicht ohne Weiteres wegzudenken ist. Gerade für die ältere Generation stellt er einen prägenden Bestandteil in deren Kindheit und Jugend dar, und so eine tief verwurzelte Tradition hat auch nach vielen Jahren noch ihre Daseinsberechtigung. So können diejenigen, die mit dem Getränk groß geworden sind, heute selbst mit ihren Enkel*innen Spaziergänge entlang der vielen bunten Streuobstwiesen unternehmen, sich einen Apfel pflücken und die Geschichten von früher erzählen.