ViezStories


Interview mit dem Apfel-& Viezgut Müller

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Sortenreiner Viez aus Pluwig



Rudi und Elisabeth Müller, Inhaber des Apfel- und Viezguts Müller.
Copyright by Apfel- und Viezgut Müller

Als wir von Trier nach Pluwig aufbrechen, merken wir gar nicht, wie rasant sich die Landschaft um uns verändert und ins Ländliche wechselt – plötzlich sind wir von weiten grünen Feldern umgeben. Kurz darauf beginnt auch schon Pluwig. Auf dem kompakt wirkenden Gelände des Obstbaubetriebs finden wir Rudi Müller von Äpfeln und Viez umgeben in dem kleinen Hofladen vor, wenig später kommt auch seine Frau Elisabeth hinzu.
Beide betreiben ihr selbst gegründetes Apfel- und Viezgut nun bereits seit über 20 Jahren im Nebenerwerb. Nachdem sie den landwirtschaftlichen Hof von Elisabeth Müllers Eltern übernommen hatten, begannen sie, Apfelbäume zu pflanzen und Viez herzustellen, später kam noch Tafelobst hinzu. Heute besitzt der Betrieb über 2000 eigene Bäume, die um Pluwig, Hockweiler und in Trier-Heiligkreuz stehen. Rudi Müller, der eigentlich gelernter Schreiner ist, erinnert sich schmunzelnd: „Am Anfang ging es nicht ganz so gut mit dem Viez herstellen, da hat ein bisschen Erfahrung gefehlt. Aber die kam mit der Zeit und da sind wir jetzt mit dem Viez eigentlich auf sehr hohem Niveau.“

Was den Viez der Müllers zu etwas Besonderem macht, ist die Experimentierfreude der beiden. Neben dem üblichen Viez, für den mehrere Apfelsorten miteinander verschnitten werden, versucht sich der Betrieb seit etwa fünf Jahren an der Herstellung sortenreiner Varianten. Mit Erfolg – bei der Viez-Prämierung 2017 konnte Familie Müller bereits Auszeichnungen für die Sorten Remo/Rewena und Ontario mit nach Hause nehmen.

Die sortenreine Herstellung ist nicht zuletzt deshalb eher ungewöhnlich, weil es dafür auch genügend Äpfel von einer Sorte braucht, was sich heute in der Region als zunehmend schwierig herausstellt. Genug Äpfel bedeutet bei den Müllers, dass deren Saft mindestens ein Gärfass füllen muss, also zwischen 1000 - 5000 Litern. „Aber 5000 krieg ich keinen Reinen hin, da muss ich noch pflanzen,“ lacht Rudi Müller. Das neuste Projekt der beiden ist der Versuch, einen Viez-Rosé mit Äpfeln der Sorte Red Maggy zu kreieren, einer roten Sorte, bei der neben der Schale auch das Fruchtfleisch eine schöne rote Farbe aufweist. Daneben steht das Vorhaben, in diesem Jahr einen Viez aus Topaz-Äpfeln mit Restsüße anzubieten – ebenfalls ein Novum beim Viez, der normalerweise vollständig durchgegoren wird.
Jede Saison gibt es bei Müllers deswegen mindestens drei verschiedene Sorten Viez zu probieren. Die Nachfrage nach sortenreinem Viez sei zwar nicht spezifisch da, denn die Devise ist auch hier: Hauptsache, es schmeckt. Was das Angebot dennoch interessant macht ist die Möglichkeit, den einzigartigen Charakter einer Apfelsorte zu schmecken, die in der Viez-Region heimisch ist.
Generell ist es möglich, Viez aus jedem Apfel herzustellen. Das spezielle Viez-Obst unterscheidet sich dennoch vom Tafelobst in einigen Punkten, wie dem Säuregehalt, der Größe der Äpfel und der Pflege der Bäume. Die Fruchtgröße ist insbesondere für den Verkauf als Tafelobst wichtig, bei Viez-Äpfeln spielt diese keine Rolle. Letztere sind aufgrund der Säure nicht immer essbar, wenn sie besonders viel davon enthalten. Daneben ist die Pflege der Tafelobst-Bäume viel intensiver, u.a. weil man diese per Hand ausdünnt. Auf ihrem Land kultiviert Familie Müller mittlerweile über 20 verschiedene Sorten, darunter ältere Sorten wie Erbachhofer, Bohnapfel, Porzenapfel und den weißen Trierer Weinapfel, aber auch neue Sorten wie Rewena und Remo, die etwas resistenter gezüchtet sind. Geschäftlich setzt der Betrieb darauf, alles aus einer Hand zu bieten: Neben der eigenen Landwirtschaft und der Saft- und Viez-Herstellung, für die fast ausschließlich das eigene Obst verwendet wird, vermarkten sie sich auch nahezu komplett selbst; verkauft wird im eigenen Hofladen sowie über den Automaten auf dem Grundstück. An diesem kann man mit genügend Bargeld 24 Stunden täglich Viez und andere Produkte wie Äpfel, Kartoffeln, Wein und Sekt einkaufen, im Sommer sogar gekühlt. Der Automat ist auch ein Alleinstellungsmerkmal in der näheren Umgebung; weitere Viez-Automaten sind erst in Esch oder Fisch zu finden.

Äpfel des Apfel- und Viezguts Müller.
Copyright by Apfel- und Viezgut Müller

Für Familie Müller persönlich ist Viez ein altes Kulturgut, das sie gerne unterstützen und selbst konsumieren. Da immer mehr Leute anfangen, Viez zu trinken, ist die Nachfrage in und um Pluwig groß. Doch auch wenn sich die Viez-Herstellung aktuell rentiert, wünschen sie sich für die Zukunft ein angepasstes Preisniveau. Da sie selbst teilweise die Äpfel der Streuobstwiesen in der näheren Umgebung einkaufen, können sie nur so z.B. bessere Preise an die Besitzer*innen zahlen. Zudem erhoffen sie sich, dass die Streuobstwiesen dadurch besser gepflegt und vielleicht auch weitere Wiesen gepflanzt werden. „Für ein paar Euro macht sich ja keiner die Arbeit“, erklärt Elisabeth Müller. Rudi Müller ist sich sicher, dass in naher Zukunft die Verkaufspreise erhöht werden müssen, da auch die Kosten für den Apfelanbau und die Viezerzeugung, besonders die Energiekosten, stark gestiegen sind. Es bleibt zu hoffen, dass die Viez-Herstellung mit Äpfeln aus der Region auch weiterhin ein lohnenswertes Geschäft bleibt, deren Charakter – genau wie der Charakter der Apfelsorten – nicht verloren geht. Auch im Sinne der Erhaltung des Kulturguts.