ViezStories


Interview mit der Weinstube Gehlen

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Nicht nur Familiensache – wie Viez Menschen zusammenbringt



Wilhelm Gehlen des Weinguts Gehlen.
Copyright by Wilhelm Gehlen

Viez ist nicht nur ein beliebtes Getränk, das die Region Trier prägt. Viele Menschen begleitet es von klein auf und zieht sich, mal mehr, mal weniger durch ihr Leben, auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Mit Viez groß geworden ist auch der gelernte Kellerwirt Wilhelm Gehlen vom Weingut Gehlen in Trier-Tarforst. Zum Interview treffen wir uns im Gewölbekeller seiner gemütlichen Weinstube, von der aus wir einen Blick ins Tal hinüber zu einem Teil der Streuobstwiesen erhaschen können, die im Besitz der Familie Gehlen liegen. Das Weingut ist ein Familienbetrieb, der mittlerweile bereits in dritter Generation geführt wird. So kommt es, dass Wilhelm Gehlen schon als Kind mit dem Thema in Berührung kam und bei seiner Familie mit anpackte. Es begann damit, während der Apfelernte ganz spielerisch das Obst in den Eimer zu werfen, als Jugendlicher wurde die Arbeit dann aber schon anstrengender und intensiver. Schließlich traf er die Entscheidung, sich auch beruflich weiterhin mit dem Produkt zu beschäftigen: Wilhelm Gehlen wurde Winzer und hat mit Ende 20, wenige Jahre, nachdem er selbst in den Familienbetrieb eingestiegen ist, diesen übernommen.

Trotz vieler Wandlungen hin zur Modernität hat das Lokal über die Jahre nicht seinen traditionellen Touch verloren. Ist es nicht die Räumlichkeit selbst, so finden sich in den Einrichtungsgegenständen und Bildern überall Hinweise, die an die Arbeit des Kellerwirts erinnern. Wie Viez und Wein, Produkte, die einer stetigen Veränderung unterliegen, müssen auch Hersteller*innen flexibel sein und sich anpassen. Dies trifft ebenfalls auf den technischen Aspekt der Produktion zu, in der die Familie über die Jahre schon eine Vielzahl an Geräten genutzt hat: Angefangen bei kleinen Presssystemen, die von Hand bedient werden, bis hin zu automatischen Waschmaschinen für die frisch geernteten Äpfel war schon alles dabei. Mittlerweile arbeitet Familie Gehlen neben einer Apfelwaschanlage auch mit optimierten Presssystemen, die ihre Arbeit als Viez-Produzent*innen erleichtern.

Heute besteht die Aufgabe von Viez-Hersteller*innen in erster Linie darin, größere Mengen zu produzieren, um potentielle Kundschaft abzudecken. Früher sah das allerdings noch ganz anders aus, sagt Wilhelm Gehlen: „Vor 40, 50 Jahren gab es ganz viele hier in der Ortschaft, die ihren eigenen Viez gemacht haben. Da ist man an jedem fünften Haus stehen geblieben und überall gab es dann Viez im Keller, den man selber gemacht hat.”

Neben Viez als Familientradition bringt das Getränk Menschen auch auf andere Arten zusammen: Zum einen können sich Interessierte auf Viezfesten in der Region treffen und das Getränk neben der traditionellen Trinkweise in anderen, alternativen Varianten genießen, wie beispielsweise als Grundzutat verschiedenster Cocktails. Zum anderen vereint es Jung wie Alt aber wohl vor allem durch die gemeinsame Produktion.
Diese Erfahrung hat Wilhelm Gehlen auch außerhalb seines Familienbetriebs gemacht: Er ist selbst schon einer Gruppe von Jugendlichen aus dem Nachbarort zur Hand gegangen, die Viez herstellen wollten, aber wegen fehlender Ausrüstung nach dem Pressen der Äpfel nicht mehr weiter kamen. Schlauch, Pumpe, Behältnisse und co. stellte er ihnen dann zur Verfügung und half der Gruppe, bis der Viez schließlich abgefüllt werden konnte.
Dass man so nah an der Produktion sein kann, ist etwas, das die Menschen, die an der Herstellung vom Viez beteiligt sind, einerseits miteinander, aber auch mit der Natur verbindet. Die Äpfel werden gesammelt, gewaschen, gepresst – früher sogar alles noch von Hand! – und diese Arbeit schweißt zusammen.

Unser Viezdeckel auf dem Weingut Gehlen.
Copyright by Wilhelm Gehlen

Nach dem Pressen wird der Viez dann so lange vergärt, bis er trinkfertig ist. Für Wilhelm Gehlen ist gerade dieser naturbelassene Prozess spannend: „Für mich ist Viez so faszinierend, weil ganz wenig damit gemacht wird.” Damit hebt sich der Viez auch von anderen regionalen Getränken ab. Zudem ist Viez, ähnlich wie Wein, jedes Jahr anders: Je nach Witterung haben die Äpfel mehr oder weniger Zucker, und genauso variieren Alkoholgehalt und Geschmack je nach Apfelsorte.
Will man selbst ausprobieren, Viez herzustellen, geht das provisorisch für kleine Mengen schon mit einer minimalen Ausrüstung, sagt Wilhelm Gehlen: Kleinere Geräte gibt es beispielsweise im Einzelhandel zu kaufen. Dazu sollte man sich genügend informieren und bei der Herstellung vor allem auf Hygiene und Sauberkeit achten.
Die Gärung im hauseigenen Keller kann so in gewisser Weise dazu beigetragen werden, der alten Viez-Tradition wieder etwas Aufschwung zu geben. Und wer weiß – vielleicht finden sich dort ja schon die nächsten angehenden Kellerwirt*innen.